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Strenge Vorschriften für die Ortsentwicklung

Im Jahr 1910 erstellte das Großherzogliche Amt Doberan für die Bebauung der Feldmarken Brunshaupten-Fulgen und Arendsee eine neue Satzung. Sie betraf das Gebiet nördlich der Neuen Reihe (Brunshaupten) und der Dorfstraße (Arendsee), dem so genannten Badeviertel, und verordnete die „offene Bauweise“ mit der Maßgabe, in diesem Bereich den villenartigen Gartenstadtcharakter der beiden Orte zu erhalten. Aus diesem Grunde schrieb sie das Einhalten eines Mindestabstands zwischen den Gebäuden zu den Straßen von acht Metern und einen seitlichen Abstand zu neben stehenden Häusern von mindestens drei Metern vor. Lediglich 1/3 der Bodenfläche eines Grundstücks durfte bebaut werden. Alle Wohngebäude sollten zweigeschossig sein und das Aussehen von Landhäusern (Villen) haben. Nur für den Hotelbau konnte nach baubehördlicher Genehmigung des Großherzoglichen Amtes Doberan der Ausbau eines Dachgeschosses gestattet werden. Das galt ebenfalls für solche Gebäudeteile wie Dacherker und Türme. Auch Balkone, Veranden und ähnliche An- oder Vorbauten bedurften der besonderen Erlaubnis der Baupolizeibehörde. Die Flächen zwischen den Gebäuden und Straßen mussten als Garten gestaltet werden und mit einem bis zu 1,50 Meter hohen gefälligen Gitter-, Holz- oder Mauerwerk eingefriedet werden. 


Alle neu angelegten Straßen waren beidseitig mit einem Bürgersteig zu versehen. Die Satzung sah auch das Bepflanzen der Bürgersteige mit Alleebäumen vor. Lediglich die Art der Bäume, ihre Stellung auf dem Bürgersteig sowie ihren Abstand durfte der Gemeindevorstand nach Beschluss der Dorfversammlung bestimmen. Anlagen, die Lärm erzeugten oder als feuergefährlich galten sowie üble Gerüche verbreiten konnten, waren in diesem Bereich verboten. Außerdem war das Großherzogliche Amt befugt, das Halten von Pferden, Rindern, Ziegen, Schweinen oder Schafen in diesem Bezirk zu verbieten, wenn Nachbarn und Badegäste dadurch belästigt wurden. Ställe und gar Scheunen durften nur in einer Entfernung von mindestens 20 Metern von der Dorfstraße entfernt errichtet werden. 


Doch im Laufe der folgenden Jahre entstanden in beiden Orten mehr und mehr Geschäfte mit Schaufenstern entstanden, die z. B. das Einhalten der Vorgartenregelung der Satzung schwierig werden ließ. Die Zäune verschwanden dort, wo sie die geschäftlichen Belange störten. Da aber nahezu die gesamte Einwohnerschaft beider Dörfer vom Badewesen lebte, galt es Kompromisse zu finden, die Bausatzung zu verändern und trotzdem den Charakter der villenartigen Gartenstadt zur Freude der Badegäste zu erhalten. 


In einem Nachtrag zur Bausatzung aus dem Jahr 1928 heißt es nunmehr in Paragraph 4 c: „Zur Verhütung der Verunstaltung des Ortsbildes wird das Aufstellen von Verkaufshallen, -buden,-ständen usw. , auch sofern sie in der Bauflächenlinie errichtet werden sollen, allgemein von der Genehmigung des Gemeindevorstandes abhängig gemacht, ganz gleich, ob es sich um Bauten handelt, die den baupolizeilichen Vorschriften unterliegen oder nicht.“ 


Die damalige Einflussnahme auf das Baugeschehen gibt auch heute noch Kühlungsborn mit seinen Hotels, Pensionen und Villen einen unverwechselbaren Gartenstadtcharakter.


(Geschrieben von Herrn Dr. Jürgen Jahnke)

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