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Die Bademode an der Ostsee um 1900

Die rasche Entwicklung der Ostseebäder und die damit verbundene Reiselust gegen Ende des 19. Jahrhunderts beeinflusste auch die Art, sich zu kleiden. Eine spezielle Bademode entstand. Während wohl nur ein geringer Teil der Damen diese Kleidung in den Textilwarengeschäften erwarb, boten neben den Modezeitschriften auch regionale Zeitung eine Anleitung zur Selbstherstellung von Badekostümen, Röcken, Blusen, Jacken und Taschen an. Schneiderinnen freuten sich über Aufträge, und geschickte Frauen nähten den größten Teil der neuen Freizeitmode selbst nach Kopien oder Schnittmusterbögen. Man benötigte eine lockere Sommerkleidung und Sonnenschirme für das Promenieren, für den Besuch der Konzerte im Freien, für Strandfeste und für einen Nachmittagskaffee in einem Gartenrestaurant. Auffällige Hüte schützten die gepflegte Gesichtshaut vor der Sommersonne. In Mode lagen formbare Kopfbedeckungen aus gelblichem Wachstuch (Baumwollstoff, einseitig laminiert) mit blauem Bortenbesatz. 


Um 1900 kam z. B. für das Badekostüm der Damen hochroter Schweizer Kattun (relativ dichtes Baumwollgewebe in Leinwandbindung) in Mode. Bluse und Schoß waren zusammenhängend geschnitten und in der Taille durch einen Gürtel zusammengehalten. Ein Bordürenbesatz dekorierte die glatten Ärmel und den Saum des Schoßes sowie den unteren Rand des knielangen Beinkleides. 


Gleichfalls beliebt waren Damenbadeanzüge aus dunkelblauer, weiß getupfter Baumwolle. Eine Schifferkrawatte hielt den auffällig breiten und modischen Matrosenkragen zusammen. Breite Bündchen schlossen die kurzen Puffärmel und die Hose ab, die unter dem kurzen, faltigen Röckchen gesehen werden sollte. 


Wenn die Damen um 1900 in den Seebädern aus dem Wasser „auftauchten“ durften die Badekappen nicht in die Stirn rutschen, musste jedoch das Haar wirksam vor Wasser schützen. Sie sollten möglichst auch nicht von der Dame nebenan getragen werden. 


Der Badeanzug für Mädchen bestand nicht selten aus weiß-blau gestreiftem Baumwollstoff, oft mit dunkelblauer Litze oder Stickereien verziert. Er wurde mit einem kleinen runden Ausschnitt entworfen und mit einer geraden Passe ausgestattet. 


Um das nasse Schwimmkleid vom Strand heimzubringen, gehörte zur Badeausrüstung auch eine Tasche. Sie bestand aus einem Stück Cretonne (grobes, leinwandbindiges Baumwollgewebe) von nicht allzu empfindlicher Farbe, etwa 80 cm Länge und 25 bis 30 cm Breite, war mit leichtem Wachstuch gefüttert und an einem Ende zu einem Sack für das Schwimmkleid von etwa 20 cm Tiefe umgeschlagen und festgenäht. Am anderen Ende befand sich eine aufgesteppte schmale Tasche für Kamm, Haarnadeln etc., so dass ein Handtuch zwischen den beiden Abteilungen liegen konnte. Eine übertretende Klappe mit Bindebändern besorgte den Verschluss, und ein schmales farbiges Band verzierte den Rand. 


Für das kleine Gepäck beim Strandbesuch diente eine einfache Reisetasche, in der z. B. Cremes, ein Buch oder eine Flasche Wasser aufbewahrt werden konnten. Sie bestand aus Segeltuch und wurde in der Länge durch eine Reihe von Knöpfen geschlossen. Ein Lederbügel diente zum Tragen. An einen Reißverschluss war zur damaligen Zeit noch nicht zu denken (Erst im Jahr 1909 trat er allmählich seinen Siegeszug an).


(Geschrieben von Herrn Dr. Jürgen Jahnke)


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