Arbeitskräfte gesucht!
Der Ausbau der Seebäder nach 1880 ließ immer neue Arbeitsplätze entstehen. Einheimische Handwerksbetriebe suchten in den regionalen Zeitungen dringend Bau- und Chausseearbeiter sowie Ziegler. Auch die Dampfziegelei Höppner & Krüger benötigte dringend mehr Arbeitskräfte, da der Bedarf an Ziegeln rasant stieg. Für Tischler, Zimmerleute und Stellmacher sowie für Ofensetzer, Schlosser, Klempner und Installateure gab es genug Arbeit. Das Handwerk in der Nahrungsmittelproduktion bot Bäckern, Konditoren, Schlachtern und Molkern gute Verdienstmöglichkeiten. Hotels und Pensionen suchten Köche, Kellner und Mamsells und warben mit guten Ausbildungsmöglichkeiten um junge Menschen. In der Saison mangelte es an Hausdienern, Zimmermädchen, Waschfrauen, Näherinnen und Haushaltshilfen. Brauereien suchten Vertreter für ihre Niederlassungen in Brunshaupten. Die einheimischen Bauunternehmen Dahse & Schön und Probsthein suchten Facharbeiter und junge Männer, die mit Pferdegespannen umgehen konnten. Die Schneiderin Dube war bereit, Schulabgängerinnen in ihrem Beruf auszubilden.
Nach der Einführung der Gewerbefreiheit im Jahr 1869 bildete die Einführung von Krankenversicherung (1883), Unfallversicherung (1884), Invalidenversicherung (1889) und den Berufsgenossenschaften einen wichtigen sozialen Rahmen für die Lohnarbeit. Dazu trugen auch Neuregelungen für die Lehrlingsausbildung (1897) und der Wiedereinführung der Meisterprüfung als Qualitätsnachweis entscheidend bei. Am Ende des 19. Jahrhunderts zogen noch, gemäß der Tradition, viele junge Gesellen auf Wanderschaft, auch mit dem Ziel, in den aufstrebenden Seebädern eine lohnende Beschäftigung zu finden. Wandernde Handwerksgesellen, die in einer Gemeinde oder Stadt eine Arbeit aufnehmen wollten, hatten innerhalb von 24 Stunden diese Zustimmung von den Ortsbehörden einzuholen. In zahllosen Annoncen warben Hotel- und Pensionsbesitzer sowie Geschäftsinhaber um Schulabgänger als Hilfe im Haushalt wie „kräftiges Mädchen für häusliche Arbeiten“, „kräftiger zuverlässiger Hausbursche“, „schulfreie Knaben“, „Sohn achtbarer Eltern“, „junges Mädchen, am liebsten vom Lande“, „junger Hausdiener, der mit Pferden umgehen kann“. Am 9. April 1907 begann in Brunshaupten an der Gewerbeschule erstmalig eine Ausbildung für unterschiedliche Berufsziele, zunächst nur in den allgemeinbildenden Fächern Deutsch, Rechnen, Buchführung und Zeichnen.
Mit der Eröffnung der Apotheke am 17. Juni 1879, der Niederlassung des ersten Fotografen Reincke(1896) und der Geschäftseröffnung des Putz- und Modewarengeschäfts von Martha Cordes (1899) etablierten sich spezielle Geschäfte, die vorrangig die Bedürfnisse anspruchsvoller der Badegäste erfüllten.
(Geschrieben von Herrn Dr. Jürgen Jahnke)